Stadträume, Einsamkeiten + Dinge
Bauhaus, Dessau, Repertoire III
Hans Dieter Schaal
Eine Landschaft aus Punkten, Linien, aus
Lichtflächen und Schattenzonen, wild durcheinander gesprenkelt. Erstarrte Unruhe,
Nähe zu Wasser und Meer - Häusermeer. Wären da nicht immer wieder
die Linien der Straßen, die ordnungsstiftenden Kerben, man käme niemals auf
die Idee, dass dieses Gewirr aus Ziegeln, Stein, Putz, Dachgärten,
Schornsteinen, Bäumen und Steinfiguren jemals durchdringbar wäre. Wenn man
bedenkt, dass diese Landschaft von tausenden von Menschen bewohnt wird, die
sich fremd sind, fragt man sich, warum diese Menschen überhaupt so eng und
übereinander geschichtet beieinander wohnen.
Dann verlischt der Tag langsam, die Sonne
versinkt glutrot am Horizont, die Stadt verfärbt sich, wird erst
grau-violett dann langsam fahl und schwarz. Die ersten Lichter flammen auf
und mit Einbruch der Nacht verwandelt sich das graue Steinmeer langsam in
ein flammendes, flackerndes Lichtermeer, gelblich schimmernd gegen den
schwarz-blauen Nachthimmel.
Dieses Nachtbild zeigt erst richtig den künstlichen Charakter der Konstruktion
'Stadt'. Nirgends sonst in der Natur gibt es sonst dieses Bild der
pointillistisch leuchtenden Landschaft. Selbst der Blick in einen glühenden
Vulkankegel, mit der brodelnden Lavamasse ist nicht vergleichbar. Dafür ist
die nächtlich-leuchtende Stadtlandschaft zu harmlos.

Arila Siegert
Die Texte von Hans Dieter Schaal sind
Ausgangspunkt, seine surreal schwebenden Räume - eine Erlebniswelt zwischen
Einsamkeit und Leere, Ausbruch und Verschmelzen, Sehnsucht und
Selbstzerfleischen.
Unser Stück erzählt über die Kälte der Steine, und wie sie aufgehoben wird in
der Wärme der Körper, über Angst vor dem Abstürzen in unbekannte Winkel, Flächen
und Räume unserer Innen- und Außenwelt.
Es könnte aber auch der Ablauf eines ganz gewöhnlichen freien Tages sein, der
sehr früh sehr still beginnt und sehr spät fast totenstill endet.
im März 1998

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