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Premiere Döbeln, 13.05.2017

Zum Lachen und zum Weinen schön

Das jüdische Schtetl zerbricht und ein Vater ringt um seine Würde: "Anatevka" ist am Mittelsächsischen Theater spannend wie unterhaltsam und satt an Bildern.

Von Marianne Schultz, Freie Presse Chemnitz, 16.05.2017

Das Mittelsächsische Theater Freiberg-Döbeln zieht mit "Anatevka" seine größte Trumpfkarte - mit Sängern, die auch erstklassige Komödianten und Märchenerzähler sind. Das Publikum spendete zur Musical-Premiere am Sonnabend in Döbeln begeistert Beifall.

...Höchst raffiniert rauscht der lange Über-drei-Stunden-Abend in ästhetischen Bildern kurzweilig vorüber. Musikalisch ohnehin reichhaltig mit bekannten Zugnummern ("Wenn ich einmal reich wär"), balanciert das Stück auf dem schmalen Grat der Familiengeschichte vor dem Hintergrund einer tödlichen Vertreibung. An Dramatik ist das nicht zu überbieten.

Mit größter Sorgfalt entwickelt Arila Siegert, selbst einst eine erfolgreiche Tänzerin, das bekannte Werk des Komponisten Jerry Bock, das seit seiner Uraufführung 1964 in New York seinen Siegeszug um die Welt antrat. Banale Rührseligkeit erspart sie dem Publikum. Viel zu stark sind die Botschaften der Szenen, in denen arme, einfache Menschen um ihre Würde und Zukunft ringen, junge Frauen um ihr Lebensglück, das sie keiner Heiratsvermittlerin anvertrauen wollen. Und mittendrin wächst die Erkenntnis eines Vaters, dass die Jugend ein neues Selbstbewusstsein entwickelt und die Geschicke nicht allein Gott anvertrauen will.

Auf die Rolle des populären Milchmanns hat der Sänger Sergio Raonic Lukovic seit langem hingearbeitet, es ist eine der schönsten Rollen seines Fachs... Doch Raonic Lukovic stemmt die Chose nicht allein, und die Stimmung könnte nicht besser sein: Das ganze Ensemble ist spitzenmäßig aufgelegt.


Publikum feiert grandiose Premiere von „Anatevka“

Ein minimalistisches Bühnenbild lässt die Facetten des Stücks erst richtig wirken. Der Einsatz des Chors ist sehr geschickt.

Von Gabi Gelbrich, Sächsische Zeitung Döbeln, 15. Mai 2017

...Die Premiere am Sonnabend ist ein voller Erfolg. Es stimmte einfach alles. Arila Siegert (Inszenierung und Choreografie) erzählt die Geschichte mit wunderbarer Leichtigkeit ohne an irgendeiner Stelle oberflächlich zu werden. Immer wieder taucht das starke Bild des gepackten Koffers auf.

Diese Inszenierung hat Platz zum Atmen. Marie-Luise Strandt setzt das Bühnenbild nach den Entwürfen von Grit Dora von Zeschau im Theater um: Ein weißer Raum mit schwarzen horizontalen Streifen in der Galerie – eine klare, minimalistische Formsprache, die die Gestalt eines jüdischen Gebetsschals aufgreift. Diese Bühne lässt nun dem Ensemble Platz und Raum für eine facettenreiche, hingebungsvolle Darstellung. Allen gebührt hierfür großes Lob und Hochachtung, sodass es schwerfällt, einzelne Solisten hervorzuheben. Aber die beiden Protagonisten Sergio Raonic Lukovic als Milchmann Tevje und Susanne Engelhardt als seine Frau Golde tragen in ihren Rollen glänzend mit ihrer Spielfreude durch das Musical und reißen alle anderen mit...


Strapaze für die Lachmuskeln ohne Happy End

Geschichte vom Fiedler auf dem Dach voller Erfolg

Hagen Kunze, in: Döbelner Allg. Ztg. (LVZ), 15.05.2017

Ausverkauftes Haus sowie zehn Minuten frenetischer Beifall – von der jüngsten „Anatevka“ wird man in Döbeln noch lange reden. Weil an diesem Abend im Mittelsächsischen Theater vieles passt: ein Regieteam, das das Stück ernst nimmt, Sänger, die die Vielschichtigkeit des Werks darstellen können und Musiker, die unter der dezenten Leitung von Alexander Livenson zeigen, was sich an Tiefe hinter den einfachen Melodien verbirgt...
 
Für Sergio Raonic Lukovic ist das eine Traumrolle. Denn der Spielbariton, der im Theater oft den Komödianten gibt, darf hier auch die ernsten, düsteren Seiten Tevjes auskosten – und dann doch immer wieder dessen schier unendliche Glaubens-Gewissheit ausbreiten. Das anzusehen und anzuhören, ist allein schon den Eintritt wert... 

Was natürlich auch am Regiekonzept liegt: Arila Siegert, poetische Geschichten-Eerzählerin in der Tradition von Ruth Berghaus, hat bereits vor über einem Jahrzehnt in Eisenach eine sensationelle „Anatevka“ auf die Bühne gebracht. Am Mittelsächsischen Theater, wo es keine Tänzer gibt, sind die Bedingungen ein wenig anders, und so ist ihre neue Deutung weniger ein zweiter Aufguss als eine Paraphrase, die einige Gedanken aufnimmt und andere neu entwickelt. Grit Dora von Zeschaus genial abstrahierten Bühnenraum gibt es auch hier – Marie-Luise Strandt nutzt die einstigen Entwürfe für eine neue Ausstattung, die in den kleinen Maßen der hiesigen Bühnen noch eindringlicher wirkt...


Premiere Freiberg 27.05.2017

Reichtum ohne Geld

Als lebendige Geschichte mit berührenden Figuren ist „Anatevka“ in Mittelsachsen ein Plädoyer für die Liebe

Von Jens Daniel Schubert, Sächsische Zeitung Dresden, 30.05.2017

... Das Thema des Stückes, das Regisseurin Arila Siegert herausarbeitet, ist die Liebe. Dabei führt sie die Darsteller genau und ernsthaft, sodass jeder mit seinen Mitteln glaubhaft die Geschichte seiner Figur erzählen kann... Das Publikum ist begeistert.


Wenn drei Stunden wie im Flug vergehen

„Anatevka“ in der Inszenierung von Arila Siegert begeistert in Freiberg

Boris Gruhl, in: Dresdner Neueste Nachrichten, 02.06.2017

...Mit ihrer choreografisch grundierten Inszenierung von „Anatevka“ am Mittelsächsischen Theater Freiberg-Döbeln ist Arila Siegert ein wahrhaft großer Theaterabend gelungen. Im Bühnenbild nach den Entwürfen von Grit Dora von Zeschau umgrenzt ein jüdischer Gebetsschal die sonst weitgehend leere Bühne. Szenenwechsel gehen choreografisch vonstatten.

...Mit großer Genauigkeit und sensibler Achtung hat Arila Siegert immer wieder diese Details inszeniert und dennoch darüber den Blick für das unaufhaltsame Voranschreiten dieser Geschichten um Tevje und seine heiratsfähigen Töchter nicht aus den Augen verloren. Siegert maßt sich in keinem Moment an, klüger zu sein als das Stück. Interpretationen, aktuelle Bezüge im Hinblick auf deutsche Geschichte, auf Erfahrungen von Flucht, Ausgrenzung und Verfolgung traut sie der Klugheit des Publikums zu. Aber sie weiß um die Kraft der kleinen Geste, sie hat den Blick für das große Bild, wann trubelnde tänzerische Bewegung angesagt ist, aber eben auch, wann es der Stille bedarf, der kleinen Regungen, die von so großer Wirkung sein können. Hervorragend sind die Dialoge gearbeitet, die Musik kann inne halten, kann überschäumend vorantreiben und dann auch wieder jene Doppelbödigkeit dieses mitunter ja auch sehr witzigen Stückes zum Klingen bringen.

Walter Felsenstein hatte den Begriff der Chorsolisten geprägt. Was er damit meinte, erlebt man in der Freiberger Aufführung. Zum Spiel kommt die musikalische Seite, bestens einstudiert durch Tobias Horschke und Peter Kubisch agieren und singen und tanzen bei beachtlichem Einsatz die Mit- glieder des verstärkten Chores.

Mit Sergio Raonic Lucovic gibt es einen Tevje, der verschmitzt sein kann und dem spätestens bei seinem Lied, „Wenn ich ein- mal reich wär’...“ die Herzen zufliegen...

Zum Spiel treffen alle Darstellerinnen und Darsteller auch in ihrem Gesang die für diese Geschichte wegen ihrer Glaubwürdigkeit die einst von Brecht geforderten Töne der Wahrheit, kein Platz für falsch verstandenes Opernpathos. Und mit dem Dirigenten Alexander Livenson treffen wiederum die Musiker der Mittelsächsischen Philharmonie wunderbar den Stil des Broadwaysounds der sechziger Jahre.

Wenn Anatevkas Traum zu Ende ist, wenn der Gebetsschal beschmutzt und entwürdigt ist und alle sich wieder mit ihren kleinen Habseligkeiten aufmachen, wenn aus den Rucksäcken der Kinder die Teddys und Püppchen heraussehen, dann führt der Bettler den Zug an und die Geigerin Kerstin Guzy, die als Fiedler immer dabei war und für die unvermeidlichen Momente des Innehaltens in diesem bewegenden Stück sorgte, beschließt ihn. Also doch kein Totentanz?

 


Applaus, Applaus, Applaus

"Anatevka" hat das Publikum begeistert, zum Lachen gebracht, zu Tränen gerührt. Und für Gesprächsstoff gesorgt.

Angelika Neumann, in: Freie Presse Freiberg, 30.05.2017

Der Beifall wollte nicht enden, das Ensemble wogte auf der Bühne Hand in Hand, laut und überglücklich. Es gab Rosen für die Musiker im Orchestergraben. Regisseurin Arila Siegert bewarf die Sänger und Tänzer eine Etage höher übermütig mit einem mächtigen Strauß dieser Blumen. Das Musical "Anatevka" war ein Riesenerfolg. Es zog das Publikum drei Stunden lang in seinen Bann. Die Leute lachten, schmunzelten und litten mit den jüdischen Bewohnern des kleinen ukranischen Dorfes - mit Milchmann Tevje, seiner Frau, seinen Töchtern und ihren Freunden, die weit ab vom Geschehen in der Welt ein einfaches Leben mit humorvoller und liebenswerter Volksschläue und Schlitzohrigkeit, Klatsch und Tratsch, einer Heiratsvermittlerin und viel Tradition führen. Bis es Brüche und ein bitteres Ende gibt…

"Ich weiß nicht, ob ich in Freiberg schon jemals so einen Applaus gehört habe", so Spohrer, promovierte Apothekerin und begeisterte Theatergängerin, die vor Jahren des Berufes wegen aus dem Taunus nach Freiberg kam. "Eine fantastische Aufführung." Sichtlich bewegt zeigte sich auch Arnold Beck, der Vorsitzende des Theaterfördervereins. "Es war ein unglaublich emotionaler Abend mit unglaublichen Bildern und Eindrücken", fasste der Professor das Gehörte und Gesehene zusammen. "Es ist ein Stück zwischen ausgelassener Heiterkeit und tief empfundenem Leid, auch weil politische Spannungen darin stecken. Arila Siegert ließ großen Ideenreichtum einfließen."

Mit Freundin Elisabeth genoss René Jungnickel den Premierenabend. "Ich bin kein Theaterkenner, aber total begeistert von der Aufführung", schwärmte der junge Fotograf. "Den Sergio (Sergio Raonic Lucovic als Milchmann Tevje - die Red.) kenne ich schon länger, dem ist die Rolle auf den Leib geschrieben. Das Stück ist so wahnsinnig zeitaktuell und nicht mit dem Zeigefinger rübergebracht, total gelungen."...

 Das Wagnis gelang und berührte. Es war an diesem heißen Wochenende vielerorts Gesprächsstoff in Freiberg.


Jahresrückblick 2017 Freiberg

Das Musical "Anatevka" und das Antike-Projekt "Philoktet" waren echte Höhepunkte.

Heike Hubricht, in Freie Presse Freiberg, 30.12.2017

Freiberg. Volles Haus, tolle Stimmung: Restlos ausverkauft ist gestern Abend zum wiederholten Male das Musical "Anatevka" im Freiberger Theater gewesen. Bariton Sergio Raonic Lukovic begeisterte in der Inszenierung von Arila Siegert als liebenswert-störrischer Milchmann Tevje einmal mehr das Publikum. Und die anderen Darsteller standen ihm nicht nach. Eine Sternstunde im Mittelsächsischen Theater...

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