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Komödiantischer Guckkasten

Am Theater Plauen-Zwickau bewährt sich ein junges Ensemble mit einer subtilen Inszenierung von Gioachino Rossinis Opernhit „Der Barbier von Sevilla“ prächtig.

Volker Müller, in: Freie Presse, Chemnitz 14.05.2012

Wer regiert die Welt? Im Zwickauer Gewandhaus wird die Frage in diesen Tagen klar wie selten beantwortet: ein heruntergekommener Diener, der sein Glück zur Abwechslung einmal im Friseurgewerbe sucht. Die Welt, in der der immer einen Ausweg wissende Figaro die Fäden zieht, ist klein und groß zugleich: Gioachino Rossinis Oper „Der Barbier von Sevilla“. Das Werk des seinerzeit 24-jährigen Komponisten, das Freitagabend Premiere hatte, konfrontiert den Zuschauer mit einer überdrehten, in Teilen reichlich hanebüchen anmutenden Geschichte – aber auch mit einer Musik, deren Esprit und überschießender Humor einzigartig sind.

Die Gastregisseurin Arila Siegert kommt ursprünglich von der Ballettsparte, widmet sich aber seit reichlich zehn Jahren auch der Oper und findet in ihrer Inszenierung eine gute Mitte zwischen Ernst und Unterhaltung, zwischen Respekt vor der Tradition und einer heutigen, kritischen Sichtweise. Siegert verlegt große Teile auf einen Steg vor dem Orchestergraben, schafft so eine frappierende Nähe zu den Akteuren. Wird der volle Bühnenraum genutzt, wächst die Entfernung dank eines geschickt mit Höhen und Tiefen arbeitenden „Baukastensystems“ (Bühnenbild: Dieter Klaß) ins gefühlt Unermessliche, werden die Figuren in die Dimension der Guckkastenbühne zurück verfrachtet.

Freilich sorgt allein schon die Musik dafür, dass der Faden zum Saal nicht reißt. Zudem bekennt sie die Regisseurin konsequent zu den Qualitäten der Commedia dell'arte – sie lässt alles, was in Text und Partitur steht, voll ausspielen und für den Moment zur unumstößlichen Wahrheit werden. Der unverstellte komödiantische Ansatz wird getragen vom gesamten, prächtig mitziehenden Ensemble und erklärt einen erheblichen Teil des üppigen Premierenbeifalls. Der erkleckliche Rest der Zustimmung geht auf Kosten des Musikalischen, wo Lutz de Veer als präziser, temperamentvoller Dirigent und exzellenter Cembalist federführend ist. Auf diesem Gebiet war freilich nicht alles im Lot. Hier und da fehlte dem Gesang das Runde und Geschmeidige, es wurde manche Höhenlage nur mit ziemlicher Kraft gestemmt.

Das Philharmonische Orchester Plauen-Zwickau blieb einiges an Eleganz und Feinschliff schuldig, dafür präsentierten sich die Herren des Theaterchors gelegentlich ein, zwei Stufen zu lautstark. Dafür wurde durchweg außerordentlich glutvoll musiziert, entfachte die Oper jenes mitreißende Eigenleben, das am Ende alle Dramaturgie trägt, bestätigt, krönt oder in Teilen auch über den Haufen wirft. Vor allem aber waren ein junges, ausschließlich hauseigenes Sängerensemble zu erleben, das an dieser Aufgabe enorm gewachsen sein und weiter an Selbstvertrauen gewonnen haben dürfte. Da war nichts von Routine, sorgsam eingeteilten Kräften zu spüren – da gab jeder sein Bestes, versteckte sich nicht, sondern ging volles Risiko.

So kamen Tenor Raphael Wittmer als Graf Almaviva und Sopranistin Juliane Schenk als Rosina bravourös durch ihre in jeder Beziehung virtuosen Partien. Shin Tanigouchi (Bariton) als Figaro fehlte weder an Stimmkraft noch an Raffinesse im Ausdruck, und auch Bass Martin Scheepers als Basilio war eine Ohrenweide. Stimmlich den besten Eindruck hinterließ Bariton Hinrich Horn (Bartolo), der neben einer beeindruckenden Dynamik auch über ein dunkles, metallisches, dem italienischen Fach zugute kommendes Timbre verfügt. Dieter Klaß ließ sich dezent zeittreue Kostüme einfallen. Gesungen wird deutsch.

Musik-Theater, sehr sehr konsequent

Bernhard Doppler im MDR-Gespräch über den „Barbier von Sevilla“ in der Regie von Arila Siegert in Zwickau-Plauen.

MDR-Figaro, 14.Mai 2012

2010-12 soll es 148 verschiedene Produktionen „Barbier“ gegeben haben. Am Wochenende nun noch eine Premiere in Zwickau in der Regie von Arila Siegert. Bernhard Doppler war für uns dabei. Diese Lieblings-Oper geht so oft über die Bühne, sind da überhaupt noch Überraschungen möglich?

Ja, durchaus. Es ist ja so, dass Rossini in den letzten dreißig Jahren wieder entdeckt wurde in seinem Gesamtwerk. Viele ernste und heitere Opern sind wieder ausgegraben worden. Und der „Barbier“ war zwar immer auf dem Spielplan, aber durch diesen Kontext der anderen Rossini-Opern – und auch in Plauen-Zwickau ist z.B. „Guglielmo Tell“ von Rossini gespielt worden – sieht man ihn vielleicht doch auch wieder ein wenig anders und neu. Es ist ja keine rein heitere, ganz unbeschwerte Oper, wenn man es genauer betrachtet. Es gibt darin ein Liebespaar, Graf Almaviva und seine Rosina, aber die kommen in dieser Oper kein einziges Mal allein zusammen. Es gibt kein Duett. Immer ist ein Dritter, ein Aufpasser oder ein Zuhälter gewissermaßen dabei. Es gibt also keine Liebesduette sondern bestenfalls nur Terzette. Es ist also keine so unbeschwerte sondern durchaus interessante Oper.

Nun ist Arila Siegert jemand – sie kommt vom Tanz, macht seit vielen Jahren inzwischen sehr erfolgreich Oper, macht ambitionierte Produktionen, Zwickau-Plauen hat jetzt seit der Intendanz von Roland May sehr stark in letzter Zeit auf so ein ambitioniertes Musiktheater gesetzt –, was heißt das jetzt konkret für den „Barbier“?

Ja, sie hat sehr konsequent eine Form, wie man den „Barbier von Sevilla“ inszenieren kann, nämlich ihn zu reduzieren auf seinen theatralischen Kern, auf seinen „Commedia dell’arte“-Kern – es geht ja darum, dass Rosina aus den Fängen des Doktor Bartolo befreit wird vom Grafen – [sie hat den „Barbier] auf diesen „Commedia dell’arte“-Kern reduziert, ganz radikal reduziert. Es ist eine Oper, die wirklich aus dem Orchestergraben, aus dem Orchester kommt. Die erste Nummer dieser Oper ist, dass der Graf eine kleine Musiker-Truppe engagiert hat, die ihn bei einem Ständchen begleiten soll. Diese Musiker-Truppe sieht man zuerst gar nicht. Sie ist auch im Orchestergraben und kommt erst ganz langsam heraus, als das Ständchen schon gesungen wurde. Und sie wird dann mit einer Gage belohnt. Auf der Bühne – auch das ist ganz interessant beim „Barbier von Sevilla“, es geht ja immer um Geld – steht ein Geldautomat. Wenn nur dieser Geldautomat funktioniert…

…was ja nicht ein typisches Accessoire für Commedia dell’arte ist, würde ich sagen…

Ja, man muss die Diener schmieren, damit sie wirklich funktionieren. Man muss Figaro bezahlen, damit er was tut. Das besingt er auch immer wieder. Und diese Musiker und alle Musiker sind auch in den Kostümen und in der Ausstattung von Dieter Klaß eigentlich am Frack orientiert, also Musiker. Sie machen also wirklich Musik-Theater aus dem Orchestergraben heraus auf eine sehr sehr konsequente Weise. Sie sagten es schon, Arila Siegert ist auch Tänzerin und Choreografin, die das ganz meisterhaft choreografiert, vor allem also diese erste Szene nicht von einem Bläser-Ensemble, sondern wirklich gesungen von Shin Taniguchi „Figaro hier, Figaro dort“, das ist so virtuos choreografiert, nicht nur gesungen, dass sich das allein fast schon lohnt, um nach Zwickau oder dann später nach Plauen zu fahren.

Lassen Sie uns noch einen Augenblick bei der Ausstattung bleiben. Bei der Oper hört ja das Auge mit. Bei mir ist noch nicht so richtig ein Bild entstanden. Ist das sehr karg und auf diese Orchester-Metapher reduziert oder was passiert sonst noch optisch?

Es passiert auf der einen Seite choreografisch sehr viel. Also nehmen wir nochmal diese Arie des Figaro: Der klettert den ganzen Vorhang hoch bei dieser Arie und zeigt sich einmal hier und dort in den verschiedensten Verrenkungen in seinem an dem Frack orientierten Kostüm. Aber die Bühne ist relativ – Sie sagten es – kahl. Es ist der Vorhang eigentlich, der das Zentrum des Bühnenbilds ausmacht und der Geldautomat. Es gibt dann auch noch einige Treppen, und es gibt einen Barbier-Stuhl, der nach vorn geschoben wird. Aber es ist wirklich reduziert und möglich. Es gibt ja viele solche Inszenierungen. Ruth Berghaus hat so eine Inszenierung, die seit vierzig Jahren in Berlin, die auch so auf Vorhänge sich reduziert. Es ist das weiter entwickelt worden und sehr konsequent weiter entwickelt worden.

Ein Wort noch zum Orchester, zu den Sängern. Zunächst mal das Philharmonische Orchester unter GMD Lutz de Veer. Wie kommen die mit der Rossini-Belcanto-Oper zurecht?

Ich habe den Eindruck, Plauen-Zwickau ist in letzter Zeit auch spezialisiert auf Italienische Oper. Das merkt man. Es gibt ganz schöne Raffinessen auch schon in der Ouvertüre, nette Echo-Effekte. Es kam auch noch etwas hinzu, was einen geradezu modernen Reiz ausmachte. Durch das Haus dröhnten die aufjaulenden Motoren der Sachsen-Rallye. Aber das Orchester beschwichtigte das wieder mit einem sehr schönen Spiel. Die kommen durchaus zurecht. Und es gibt zwei Rollen, die sind eigentlich die Hauptrollen im „Barbier“: nicht das Liebespaar, sondern der betrogene Doktor. „Einen Doktor meinesgleichen, den kann man nicht betrügen“, das ist Hinrich Horn, und der Figaro von Shin Taniguchi. Das sind wirklich wunderbare Sänger und Schauspieler gleichzeitig, die übrigens – und ich finde das in diesem Fall konsequent, wenn es so theatralisch gespielt wird – auf Deutsch singen.

Und Ihr Fazit heißt: Hingehen, Bernhard Doppler?

Schon mindestens allein wegen dieser beiden Komiker, Figaro und Bartolo.

„Der Barbier von Sevilla“ in der Regie von Arila Siegert, musikalische Leitung Lutz de Veer. Im Vogtlandtheater Plauen ist dann Premiere am 2.Juni. Dankeschön an unseren Kritiker, Bernhard Doppler.

Hier im O-Ton: MDR-Figaro, 14.05.2012

In der japanischen Musikzeitschrift "Ongakugendai, Tokyo" erschien am 20. Juni 2012 ein Bericht über die Aufführung, die der Rezensentin Chihoko Nakata "inszenatorisch und auch musikalisch sehr gut gefallen" hat.


Premiere Plauen:

Der Barbier, der gute Laune verbreitet

Gioachino Rossinis Werk „Der Barbier von Sevilla“ feierte am Samstag im Vogtlandtheater Premiere – überaus erfolgreich, trotz Fehlen des Hauptdarstellers

Ingrid Schenke, in: Vogtland-Anzeiger 04.06.12
…Die Plauener Premiere des „Barbier“ hatte – nach gesundheitsbedingtem Ausfall von Raphael Wittmer, dem Grafen Almaviva – genau zwei Möglichkeiten: Mit Ersatz zu spielen oder abgesagt zu werden. Die Regie wählte die erste Variante und diese in ganz besonderer Fassung.

Der kurzfristig einspringende „Almavia“, Xiatong Han, beherrschte zwar die Rolle in deutscher Sprache, ihn gleichwohl in die Inszenierung zu integrieren war in der Kürze der Zeit nicht möglich. Flexibel und kurz entschlossen übernahm die Regisseurin Arila Siegert  spielsicher und spritzig den mimischen Bühnenpart des Almaviva und der Gast lieh ihr beziehungsweise ihm seine Stimme aus der Kulisse – eim Kompromiss, der hervorragend gelang, die Premiere rettete und die Komik des Stückes noch steigerte – hiermit ein großer Dank an die Regie.

Die größte Zustimmung des Abends konnten drei Herren für sich verbuchen. Shin Taniguchi, der wunderbare Bass-Bariton, ließ auch als Figaro mit Spiel und Stimme Herzen schmelzen.

Der Bariton Hinrich Horn als Bartolo (er war als lüsternes, geldgieriges Ekelpaket zu attraktiv) überzeugte mit gut sitzenden Koloraturen und gekonnten Parlandi, und Martin Scheepers zügelte als Basilio seinen Riesen-Bass in der Verleumdungsarie zum Lüftchen oder – wenn nötig – füllte er den Raum mit großen Tönen. Die Rolle der Rosina sang Uta Simone und die Haushälterin des Bartolo, Marzelline, übernahm Judith Schubert.

Prickelnd und Rossini gemäß musizierte das Orchester unter der Leitung von GMD Lutz de Veer, mustergültig und mitreißend erklangen die überaus schwierigen, voluminösen Ensembleszenen (Chorleitung: Friedemann Schulz) und das wohldurchdachte Bühnenbild (Ausstattung: Dieter Klaß) wird beherrscht von einer Art beweglichen Guckkasten, flexiblen Leitern und einem Bankautomaten mit überaus witzigem Mechanismus – ein Rossini, der gute Laune bereitet.

 


Premiere:
Regisseurin springt für erkrankten Opernsänger ein

Das hat es noch nie gegeben: Arila Siegert spielte am Samstag im Vogtland-Theater eine der Hauptpartien in „Der Barbier von Sevilla“ als Pantomime. Applaus und Bravorufe folgten am Ende

Lutz Kirchner, in: Freie Presse, 04.06.2012

Stefan Bausch, der Operndirektor des Theaters Plauen-Zwickau, gab sich am Samstagabend zur Premierenfeier noch verblüfft: "Zuerst hielt ich das für eine Schnapsidee." Um die Plauener Premiere zu retten, hatte sich Regisseurin Arila Siegert kurzerhand selbst in der Rolle des verliebten Grafen Almaviva besetzt.

Die von Gret Palucca ausgebildete Tänzerin, die Anregungen für Musiktheaterregie bei Ruth Berghaus und aus Walter Felsensteins Werk erfahren hat, gab die tragende Rolle als Pantomime. Den für die Oper unverzichtbaren Gesang steuerte Gast Xiatong Han bei, der in der linken Bühnenloge platziert worden war. Lutz de Veer am Dirigentenpult hielt die Fäden zwischen Orchester und Bühne zusammen.

Arila Siegerts Inszenierung baute auch auf das bewegte und vor allem ausdrucksstarke Spiel. Das war nicht nebenbei zu erlernen: Die handelnden Personen, allen voran der verliebte Graf auf den Spuren seiner angebeteten Rosina, mussten die Treppen und Leitern des aufwändigen Bühnenbildes, gestaltet von Dieter Klaß erklimmen, durch den Orchestergraben springen, fechten und auf dem Kopf stehen, wenn es darauf ankam. Das absolvierten Arila Siegert und ihr Team mit Bravour.

...Bereits der erste Auftritt von Shin Taniguchi als stimmgewaltiger Figaro wurde mit Szenenapplaus bedacht. Über Bravorufe und langen Applaus nach dem Finale konnte er sich ebenso freuen wie Uta Simone für ihre erfrischende Rosina, Judith Schubert für ihre heitere Haushälterin Berta, Hinrich Horn für seinen Bartolo und Martin Scheepers als Basilio. Auch der Opernchor hatte großen Anteil am stark körperlichen Spiel und guten Ton.


Premierenbericht:

Tenor steigt aus dem Graben

Gioachino Rossinis Oper „Der Barbier von Sevilla" hat in Zwickau Premiere gefeiert und für einige Überraschungen gesorgt

Ludmila Thiele, in: „Freie Presse Zwickau", 15.05.2012

ZWICKAU - Das Ehepaar Stelte sitzt zu Premieren des Musiktheaters immer in der ersten Reihe, um auch das Orchester und den Dirigenten im Blick zu haben. Bereits zur Matinee hatte das Paar mit Interesse vernommen, dass Regisseurin Arila Siegert in ihrer Inszenierung auch den Orchestergraben bespielen lässt. Aber etwas erschrocken waren sie doch, als gleich nach der Ouvertüre – praktisch direkt vor ihrer Nase – ein Sänger aus dem Orchestergraben auftauchte. „Ich wurde bis jetzt noch nie von einem Tenor angesungen", sagte Petra Stelte in der Pause. „Es war sehr schön", fügte die langjährige Theaterabonnentin schmunzelnd hinzu. Nicht nur der Orchestergraben, sondern auch der Vorhang wurde zum Spielort des Barbiers.

Extra-Applaus für Techniker

Das technisch sehr aufwändige Bühnenbild von Dieter Klaß verlangte vor allem den Bühnentechnikern einiges ab. Dafür gab es zur anschließenden Premierenfeier einen Extra-Applaus für den Leiter der Bühnentechnik, den Theaterobermeister Henry Kozok.

Zu den auffallend vielen jungen Premierenbesuchern gehörten auch die Zehntklässlerinnen des Clara-Wieck-Gymnasiums Vanessa Kindl, Vicky Knobloch und Annegret Reinhardt, die als erste ihre Begeisterung für die Inszenierung im Gästebuch des Theaters festhielten. „Wir durften mehrmals die Theaterproben besuchen, waren total fasziniert und sind vom Ergebnis begeistert. Wir finden es richtig toll, wie Frau Siegert, die aus dem Ballett kommt, die Oper durchchoreografiert hat", sagte die 16-jährige Vanessa Kindl, die selbst schon in einigen Inszenierungen mitgewirkt hat.

Der japanische Bariton Shin Taniguchi, der im Jahr 2000 den 3. Preis beim Robert-Schumann-Wettbewerb in Zwickau gewann, bat die Besucher, genau das weiter zu erzählen. Er berichtete: „Meine Frau war mit unserem im Februar geborenem Baby in einer Mutter-Kind-Gruppe, und als sie dort er-zählte, dass ich ein Opernsänger bin und in Zwickau arbeite, waren sich 7 von 10 jungen Zwickauerinnen sicher, dass es in der Muldestadt zwar ein Theater, aber keine Oper gibt.“

Lob von Regisseurin

Dabei hatte Gastregisseurin Arila Siegert, Mitglied der Akademien der Künste in Berlin und Dresden, das Theater Plauen-Zwickau als etwas ganz Besonderes in der Theaterlandschaft gelobt. „Es sind wirklich alles großartige Künstler, die für eine gemeinsame Sache brennen und dafür alles geben. Nur so war es möglich, so ein Stück auf die Beine zu stellen", sagte sie. „Ich wünsche dem Theater, dass ihm diese wunderbare Atmosphäre des Miteinander-Könnens, die es zu etwas ganz Besonderem macht, erhalten bleibt und sie weiter gepflegt und gehegt wird“, sagte die Palucca-Schülerin, die auf den großen Bühnen der Welt tanzte.


 

Vorbericht:

Selbst der Orchestergraben wird bespielt

„Der Barbier von Sevilla“ von Gioacchino Rossini wird im Zwickauer Gewandhaus inszeniert

„Freie Presse“, 10.05.2012 (von Ludmila Thiele)

Zwickau. Arbeitsaufwand, Qualität und Erfolg stehen manchmal in einem krassen Missverhältnis zu einander. So handelt es sich bei der Oper „Der Barbier von Sevilla“ um das weltweit erfolgreichste Beispiel dieses Genres. Dabei hatte ihr genialer Schöpfer, der Komponist Gioacchino Rossini, nicht einmal vier Wochen Zeit für die Auftragsarbeit des Teatro Argentina in Rom. "Die Opernhäuser in Rom hatten damals das Glücksspielmonopol, deswegen mussten sie das Publikum mit ständig neuen Aufführungen anlocken", erklärte zur Matinee in Zwickau der Dramaturg Daniel Westen. Deswegen benutzte Rossini als äußerst pragmatischer Mensch einiges aus seiner Schublade - neben zahlreichen Nummern aus früheren Werken auch die berühmte Ouvertüre, die er bereits bei zwei seiner Opern eingesetzt hatte.

Das Libretto stammt von Cesare Sterbini und ist eine Bearbeitung des Schauspiels „Le Barbier de Séville“ von Pierre Augustin Caron de Beaumarchais, der von 1771 bis 1792 seine Figaro-Trilogie verfasste, aus der Mozart das zweite Werk als Grundlage für „Die Hochzeit des Figaro“ wählte. Rossini nahm für seine komische Oper in zwei Aufzügen den ersten Teil zur Vorlage. Neben Rossinis Oper gibt es eine ältere Vertonung des Stoffs von Giovanni Paisiello. Seine Oper „Il barbiere di Siviglia“ wurde 1782 in St. Petersburg uraufgeführt und danach bis etwa 1800 in ganz Europa gespielt. Paisiellos Verehrer fanden es unerhört, dass Rossini sich für seine Oper des selben Stoffs bediente. So stand die von ihm dirigierte Uraufführung am 20. Februar 1816 in Rom unter keinem guten Stern: Die Premiere war ein Desaster. Ein Streicher fiel der Länge nach hin, als eine Saite riss. Als Höhepunkt der Katastrophe lief zum Finale sogar eine Katze über die Bühne. Unter Gelächter, Geschrei und Buh-Rufen musste der Vorhang fallen. Doch bereits die zweite Aufführung am nächsten Tag stieß auf schrankenlose Begeisterung. Der Komponist, der diesmal der Aufführung fern blieb, wurde mit anschließenden Fackelzügen zu seinem Haus gefeiert. Seitdem feiert Rossinis Oper ihren ungebrochenen Siegeszug durch die Opernhäuser der Welt. Allein in dieser Spielsaison wir sie in 170 Städten gespielt.

Für Regisseurin Arila Siegert, die nach "Don Giovanni" in der vergangenen Spielzeit zum zweiten Mal in Zwickau mit Generalmusikdirektor Lutz de Veer arbeitet, ist "Der Barbier von Sevilla" echtes Sänger-Theater, das nicht viel Äußeres braucht. "Dieses Stück spielt im Theater." So soll die Bühne - bespielt wird sogar der Orchestergraben - Spektakuläres bieten. Denn Siegert will die Zuschauer in eine traumhafte Fantasiewelt des Theaters entführen. Der Schweizer Tenor Raphael Wittmer, seit Januar festes Ensemblemitglied, übernimmt die Rolle des jungen Grafen Almaviva, der sich in die junge Rosina verliebt hat. "Rosina werden unsere Zuschauer in zwei Besetzungen erleben. Während sich Juliane Schenk sehr virtuos in höheren Tönen bewegt, interpretiert Uta Simone die von Rossini für den Mezzosopran geschriebene Partitur in mittleren Tönen", erklärt de Veer. "Es gibt tausend verschiedene Möglichkeiten, diese Rolle zu gestalten, deswegen haben wir uns sehr lange damit beschäftigt", sagt Juliane Schenk. Rosinas Vormund, Dr. Bartolo der sie wegen der Mitgift selbst heiraten will, wird von Hinrich Horn dargestellt. Martin Scheepers verkörpert den intriganten Basilio, dessen Glück, wie die Regisseurin sagt, im Unglück anderer liegt. Shin Taniguchi sorgt als Figaro dafür, dass alles gut wird und die beiden Liebenden unter die Haube kommen. Dabei spielt Rosinas Dienstmädchen Berta (Judith Schubert) auch eine wichtige Rolle. Für Bühne und Kostüme ist Dieter Klaß verantwortlich.