"Es ist nicht weniger als ein Triumph"

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Premiere Puccini-Oper umjubelt
Freie Presse, Freiberg, 17.04.2016
Giacomo Puccinis Meisterwerk "La Bohème" ist zur Premiere am Samstag
am Mittelsächsischen Theater frenetisch umjubelt worden. Das Publikum
badete über zwei Stunden in Klang. Regisseurin
Arila Siegert hat mit
ihrer modernen Lesart ein Gesamtkunstwerk aus Bühne, Licht, Bewegung und
Musik geschaffen und mit der berühmten Liebe im Künstlermilieu des alten
Paris ganz und gar den Nerv des Publikums getroffen. Die herausragende
Solistenriege wurde von Sopranistin Leonora del Rio als Mimi und Tenor
Sebastian Fuchsberger als Rodolfo angeführt. Die Mittelsächsische
Philharmonie unter Raoul Grüneis leistete Herausragendes,
Opernchor und
Freiberger Knabenchor waren vollendet in Szene gesetzt. Ausstatter
Moritz Nitsche hat den Bühnenraum kunstvoll geweitet, um den großen
Stimmen ein Podium zu bieten. (mes)
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Vom Tod unterwandert
Die neue „Bohème“ vom Mittelsächsischen Theater ist eindeutig,
schlicht, ergreifend.
Jens Daniel Schubert, in: Sächsische Zeitung Dresden,
Montag,
18.04.2016
Der Opernkenner weiß es, der Neuling ahnt es: Die Liebesgeschichte
zwischen Rodolfo und Mimi, Puccinis Oper „La Bohème“ geht nicht gut aus.
In der gefeierten Premiere in Freiberg zeigt
Regisseurin Arila Siegert den Tod als Person. Auf sein
Zeichen hin beginnt die Oper, bedeutsam schreitet er durch die Handlung,
zum Schluss greift er Mimis Hand – ihre Erinnerung „Wie eiskalt ist dies
Händchen“ bekommt neue Bedeutung.
...Rauol Grüneis am Pult spielt diese Trümpfe aus, dosiert
gefühlvoll leise Töne, scheut für den theatralischen Effekt auch nicht
extreme Tempi, weiß Auseinanderfallendes schnell zu verbinden und
Sängern Sicherheit zu geben. Jubel!
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LA BOHEME
Premiere: 16.04.16
besuchte Vorstellung: 15.05.16
Jochen Rüth, in:
www.deropernfreund.de
17.05.2016
Eine ganz besonders düstere Interpretation von Gioacomo Puccinis
wunderbarer „La Bohème“ ist derzeit am mittelsächsischen Theater zu
sehen. Von Anfang an macht die Regisseurin Arila Siegert die
Ausweglosigkeit der Situtation deutlich und lässt den personifizierten
Tod den Abend eröffnen. Er ist in den verschiedenen Bildern immer wieder
präsent und leitet die arme Mimì damit ihrem unausweichlichen Ende zu.
Lediglich im allerletzten Bild, bei Mimìs Todesgang, ist er
seltsamerweise nicht zu sehen - das ist aber auch der einzige Bruch in
der ansonsten sehr durchdachten Inszenierung von
Arila Siegert...
Generalmusikdirektor Raoul Grüneis
kitzelt im Graben reinsten Puccini aus der
Mittelsächsischen Philharmonie. Er zeigt die Partitur frisch und voller
Farben, schwelgerisch, gefühl- und auch kraftvoll, wo es angezeigt ist,
und so gelingt ihm eine starke Interpretation dieses Gassenhauers.
Das Publikum im ausverkauften Haus ist zu Recht
begeistert, applaudiert enthusiastisch und ausdauernd. Die sehenswerte
Produktion ist - zumindest in dieser Spielzeit - in Freiberg
nicht mehr zu sehen, wird aber ab dem 21. Mai beim Theaterehepartner
Döbeln gezeigt.
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Zweit-Premiere in Döbeln, 21.05.2016: "umjubelt"

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Vorberichte:
"Mimi bis in die Fingerspitzen"
Die Sängerin Leonora del Rio über die bevorstehende Premiere von
Puccinis "La Bohème" im Theater in Freiberg
Freie Presse, Freiberg, 16.04.2016

Leonora del Rio als Mimi in einer Szene mit Sebastian Fuchsberger in
der Partie des Roddolfo.
Freiberg. Leonora del Rio
singt die weibliche Hauptpartie in der heutigen Premiere von Puccinis
Oper "La Bohème" am Mittelsächsischen Theater. Es ist die Krönung ihrer
glanzvollen Spielzeit mit Werken von Lehár bis Strauss. Marianne Schultz
sprach mit ihr über Mimi, Zufälle und Eitelkeiten auf der Bühne sowie
über einen Ausflug in die Oper Chemnitz.
Freie Presse:
Leonora del Rio - Ihr Name klingt wie Musik. Woher kommt er?
Leonora del Rio: Es ist kein Künstlername, sondern
typisch spanisch. Und Leonora heiße ich, weil meine argentinischen
Eltern Opernsänger sind. Als meine Mutter schwanger war, sang sie die
Leonore in Verdis Troubadour - und gab mir deshalb diesen Namen.
Zweimal haben Sie unlängst als Gast in Chemnitz die Angèle in Lehàrs
"Der Graf von Luxemburg" gesungen. Das Publikum hat Sie regelrecht
gefeiert, wie ich selbst erleben konnte ...
Ich liebe diese
Rolle, habe sie am Landestheater Innsbruck ebenso wie beim
Lehár-Festival in Bad Ischl gesungen. Dort sogar wie in Chemnitz mit
Michael Heim als Graf, weswegen wir das Wiedersehen natürlich genossen
haben. Es war schon ein toller Zufall. Ich habe mich mit dieser Rolle
intensiv auseinandergesetzt, und wer sagt, dass Operette leichte Kost
ist, der irrt. Sie muss bewusst und genau gearbeitet werden wie eine
große Oper.
Nun stehen Sie kurz vor der Premiere von "La
Bohème". Mimi ist eine bescheidene kleine Stickerin, keine toughe,
strahlende, triumphierende Schönheit. Wie sehen Sie Ihre Rolle?
Puccini ist ein großer Liebhaber der kleinen und einfachen Dinge
- und in jedem von uns steckt diese Affinität für die kleinen, einfachen
Dinge. Deshalb wird sich jeder angesprochen fühlen, wenn Mimi zu Rodolfo
kommt und in ihrer bescheidenen Art seine Nähe sucht. Ich habe einen
engen Bezug zu ihr, weil dieses Gefühl in mir steckt und ich damit das
Publikum erreichen möchte. Das ist eine andere Geschichte als Lehárs
Heldinnen Angèle Didier oder Hanna Glawari, die von Männern umworben
werden. Für mich ist es die große Herausforderung, weil ich allein durch
die Musik und meine Stimme diese Einfachheit ihres Gefühls rüberbringen
möchte. Eine Stille, die das Publikum zu erreichen versucht.
Mimi ist für Sie kein Neuland. Wo haben Sie die Partie bereits
gesungen?
2007 in der Heimatstadt meiner Eltern in
Argentinien, in Rosario - dort mit einem argentinischen Cast in einem
prächtigen Theater, wo bereits die Callas und Enrico Caruso gesungen
haben. Es gibt sogar eine Vorgeschichte: Meine Eltern haben sich auf der
Bühne kennengelernt - meine Mutter sang die Mimi, mein Vater den
Rodolfo. Jetzt sind sie meine Coaches - und heute Abend zur Premiere
natürlich im Theater.
Die Regisseurin Arila Siegert ist
bekannt für ihre Bühnenästhetik: Was erwartet uns?
Ich hatte
das große Glück, dass ihre Intention mit meiner zusammenfindet, weil sie
eine Kämpferin für diese kleinen Dinge ist. Die Figur der Mimi ist bis
in die Fingerspitzen hinein ausgearbeitet. Es gibt Szenen, die mich
selbst zu Tränen rühren. Hinter uns liegt eine sehr intensive
Probenphase.
Sie singen in großen und kleinen Häusern. Gibt es da für Sie einen
Unterschied?
Es muss an unserem Theater genauso gearbeitet
werden wie auf einer großen Bühne. Sängerisch ändert sich gar nichts.
Sicher aber stellt man sich als Sänger immer auf den Raum ein, in dem
man singt. Hier hatte ich ein gewaltiges Rollenangebot, konnte Partien
singen und darin wachsen, denke ich an die Marschallin im Rosenkavalier.
Und Generalmusikdirektor Raoul Grüneis liebt diese Musik und hat mich
gefördert und gefordert, um aus mir eine noch bessere Sängerin zu
machen.
In der Lehár-Operette in Chemnitz trugen Sie
ein Kostüm wie ein schillerndes rosa Bonbon. Mimi in "La Bohème"
erfordert einen ganz anderen bildnerischen Zugriff. Welche Rolle spielen
für Sie Kostüme?
Ich würde mich als Mimi sehr unwohl fühlen
mit Hochsteckfrisur und langen Wimpern. Trotzdem möchte man natürlich
schön aussehen in dieser Rolle und sich wohlfühlen in Rock und Bluse.
Aber man darf nicht erwarten, dass Mimi in Abendrobe erscheint. Das ist
nicht Sinn der Sache. Es muss ein stimmiges Gesamtbild ihrer Rolle,
ihres Aussehens, ihrer Bewegungen und ihres musikalischen
Erscheinungsbildes geben. Alles andere stört.
Ist für
Sie Eitelkeit auf der Bühne ein Thema?
Ich habe gelernt und
versuche es immer wieder, mich mit dem Auge des Publikums zu beobachten,
damit alles zusammen passt. Insofern bin ich eitel, ja.
Werden Sie Freiberg auch in der neuen Saison 2016/17 verbunden
bleiben?
Ja, das denke ich doch. Der Spielplan ist zwar noch
nicht offiziell, aber ich denke, es wird eine wunderschöne aufregende
Spielzeit werden.
Sie haben ein Riesenrepertoire und
eine Traumstimme. Wo singen Sie derzeit noch außer in Freiberg?
Ich werde in diesem Sommer wieder bei den Tiroler Festspielen in
Erl dabei sein, als Ortlinde in der "Walküre" und als Gutrune in der
"Götterdämmerung".
Und Urlaub?
Die Zeit
nehme ich mir, weil ich sehr viel gesungen habe in diesem Jahr. Zwar
habe ich eine gute Technik, die mir das ohne stimmliche Probleme
ermöglicht. Trotzdem braucht man eine Auszeit. Dann werde ich weder
singen noch einen Klavierauszug anschauen.
Ihre Eltern
sind Argentinier, Sie leben in Deutschland - wo ist Ihre Heimat?
In Deutschland, weil ich hier aufgewachsen bin, Freunde habe und
mich wohl fühle. Mit zwei Jahren kam ich mit meinen Eltern nach
Deutschland, aber jedes Mal in Argentinien merke ich, dass mein Herz im
argentinischen Rhythmus schlägt, dass ich das Temperament, die
Mentalität der Argentinier habe.
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Vorbericht, in: Freie Presse Chemnitz, 31.03.2016
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