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Ein Leben aus Koffern

Michael Helbing, Thüringer Allgemeine, 15.01.2006

Ein langer stummer Menschenzug wandert einer fernen neuen Heimat entgegen, das Flüchtlingsgepäck in Händen - so ungewöhnlich still und traurig beginnt Anatevka in Eisenach.
Mit ihren Koffern sind sie unterwegs. Es sind die wohl anhänglichsten Begleiter dieses auserwählten Volkes, auf dem Weg aus der babylonischen Gefangenschaft bis nach Auschwitz, wo sich die Koffer noch heute zu Bergen türmen. Und aus Koffern erzählen sie jetzt am Landestheater Eisenach das Leben der so genannten Ostjuden aus dem ukrainischen Schtedtl Anatevka...

 Alles in allem ist hier ein starkes Ensemble aus Sängern und Tänzern am Werk, und das im wahrsten Sinne: Szenische Umbauten sind Teil der Arbeit in "Anatevka", Teil des Spieles, das somit in zauberhaftem Fluss gehalten wird... Eisenach ist ein großer Wurf gelungen.


Trostvoll virtuoses Geigenspiel

Hans-Jürgen Thiers, Thüringische Landeszeitung, 15.01.2006

Eine Parabel über Nutzen und Grenzen von Tradition in der sich verändernden Welt, das ist das Musical "Anatevka", Name eines ukrainischen Dorfes, in dessen "Schtedtl" die jüdische Gemeinde um 1905 ihrer Tradition lebt, bis ein Pogrom der zaristischen Polizei aller Harmonie ein Ende setzt...

 Vielleicht begründet sich der Kultstatus, den dieses Werk mittlerweile genießt, gerade in dieser Mischung von Lebensfreude und Lebensangst, von Vertrauen auf Gott und auf die eigene Kraft, von Geborgensein in der Gemeinschaft und der immer wieder notwendigen Toleranz gegenüber individuellen Ausbruchsversuchen.
Arila Siegert war sich für die Inszenierung am Landestheater Eisenach solcher Ambivalenz bewusst und versuchte dennoch, ausgetretene Pfade zu verlassen. Zwar schuf das Bühnenbild von Grit Dora von Zeschau, dem jüdischen Gebetsschal nachempfunden, doch kaum als solcher wahrzunehmen, den angemessen kargen Rahmen für das von Ritualen bestimmte Leben der Familie des Milchmannes Tevje...


Musical-Fieber im Landestheater Eisenach

Rainer Beichler in eisenachonline - wartburgkreisonline, 24.01.06

Umjubelt bei jeder Vorstellung ist das Musical ANATEVKA, das neu in den Spielplan des Landestheaters Eisenach gekommen ist...
Regisseurin Arila Siegert bringt die Geschichte mit viel Einfühlungsvermögen in die Seele der Bühnenfiguren und ihren typisch jüdischen Humor auf die Bühne. Gefühlvoll ist die Sabbatfeier in Tevjes Haus, deftig wird der Brauthandel in der Dorfkneipe von Russen und Juden gefeiert und unvergesslich bleibt die Hochzeitsfeier, die ein so jähes Ende nimmt ...


Die zwei Welten des Milchmannes Tevje

Susanne Sobko, in: Südthüringer Zeitung/Freie Wort, 01.02.06
Koffer als Symbole, Tänzer als Schauspieler, Gebetsschal als Bühnenbild – das Musical „Anatevka“ wurde in Eisenach außergewöhnlich und feinsinnig inszeniert.

Einerseits kennt man „Anatevka“ als beschwingtes Hit-Potpourri voller Nostalgie. Andererseits wird es am Landestheater als humorvolle Lebensparabel voller Tiefgang gezeigt. Einerseits ist es für ein großes Ensemble gedacht, andererseits kommen die Eisenacher ohne Chor und mit Mehrfachaufgaben zurecht. Und schließlich bietet sich der Stoff einerseits als Folie für gegenwärtige Probleme geradezu an, andererseits sorgt die Inszenierung von Arila Siegert für zeitlose Aktualität...
Das schlichte Bühnenbild von Grit Dora von Zeschau in Form eines Gebetsschals unterstützt die bildhafte Erzählweise. Auch das Orchester unter Leitung von Till Hass harmoniert vortrefflich mit seiner einfühlsamen und inspirierten Begleitung. Ebenso wie Fiedler Julian Dedu, der die osteuropäische Mentalität voller Temperament, Schwermut und Lebensfreude mit seinem versunkenen Spiel vermittelt. Einerseits Schmerz, Angst und Bedrohung. Andererseits Liebe, Witz und Leidenschaft. Das Leben eben – in einer reiz- und liebevollen Inszenierung.


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