A few moments of watching dancer-choreographer
Arila Siegert
at the Kennedy Center Terrace Theater in a solo program of German
expressionist dance, was all it took to conclude
that this is an exceptional artist. Seeing someone
move with such exquisite stealth, subtlety and expressive
amplitude is rare. Such qualities reveal themselves in the
smallest inflections of weight or shape and rare easily
perceived in a few brief phrases. Though it was common in the
early decades of the century, the solo dance recital is
frequently met with nowadays. It takes a special kind of
courage to get there alone and, as in Siegert's case, with no
scenery and modest accouterments, and hold the stage for an
evening. Siegert's command of herself, her material and her
audience was an inspiring sight. It was heartening too to see
the crowd reacting both to Siegert and an unfamiliar
and challenging program with such unbuttoned
approval.
The recent event, part of Kennedy Center
"Tribute to Germany", marked Siegert's American
debut. The tradition she sampled in her program emanated
historically from strongly individual figure and truly the
seminal one was Mary Wigman (1886-1973), who exerted a
vast influence both through her own work and that of her
disciples not only abroad but also in his country. Another
key person was Siegert's Dresden mentor Gret Palucca
[1902-93]. A Wigman pupil and something of a legend in her
own right. Emerging too from the Dresden school was Dore
Hoyer (1911-67), among whose accomplishments was
choreography of the original Berlin production of Schoenberg's
Moses und Aron in 1959. Siegert, who also trained in
ballet and a substantial career as a classical dancer, is one
of the few who have followed in the footsteps of theses
innovators.
The core notion of expressionism is the
depiction of inward states of being, and in the case its
German incarnation, these states are often those of extreme
psychic and emotional stress. Siegert's Dunkle
Taenze (Dark Dances), a tribute to
Palucca set to Scriabin piano pieces, was typical in these
respects. Images includes one of the dancer's head canted at
a severe angle from the neck, resting in the crook of a bent
arm, and another with the performer's head and feet on the
floor, her body arching upward and one shoulder and arm
raised in a tensed gesture of desperation.
Siegert's rather less compelling Die
Maske (The Mask), to live acoustic guitar
music by Uwe Kropinski,
seemed more allied to mime in
its gestural features and coy humor. It also included
passages on point (Siegert wore toe shoes) and used such
props as a chair and dark cape. Though it seems unlikely to
have been intentional, the visage of the face mask - with its
stiff black hair, its drawn elongated cheeks, sunken eyes and
full red lips - evoked Martha Graham.
Hoyer was represented by
Afectos humanos to Music by
Dmitri Wiatowitsch, a suite of "portraits" of
contrasting affections - vanity hate, love - in which
expressionistic distortions of pose and dynamics played a key
role. Though one might have been hard pit to guess without
foreknowledge that the section labeled "Lust", for
example, was meant to evoke that particular feeling, the
contour and texture of the choreography
were dramatic on their own terms.
Most impressive of all was the opening
Abschied und Dank,
(Farewell and Thanks), Wigman's
last solo for herself in 1942, set to piano music by Aleida
Montijn. Surprisingly lyrical and far less angular than the
few other Wigman dances we've seen previously (such her
famed Which Dance),
it was - in Siegert's sensitive if
often overtly balletic rendering - a beautifully spare,
elegantly nuanced poem.
...Central European Modern dance was
represented by Arila Siegert... This concert ... began
with Mary Wigman's retirement solo, Abschied
und Dank (Farewell and Thanks). The
dancer used her long, supple frame to imbue the
choreographer's simple, elegant statements with a lyric
continuity that worked well though differing from the solidly
built, emphatic Wigman's own propulsion.
For Afectos
humanos (Human Emotions) by Dore Hoyer,
whom Siegert more closely resembles, she generated knots of
tensions that spread linearly to all parts of her body. The
dynamic shifts and Scriabin music of Siegert's Dunkle
Taenze (Dark Dances) alluded to Palucca
(who doesn't [didn't] believe in reviving her solos). Totally
Siegert's own was Die Maske (The Mask),
an ambigously grotesque character studyaccompagnied by Uwe Kropinski's accomplished guitar
playing. Reticence and determination combined impressively in
Siegert's performance.
...eine Einzelgängerin war auch Dore Hoyer. Ihren Zyklus Afectos humanos schuf sie 1962. Arila Siegert beeindruckte durch Rekonstruktion der vertanzten Affektenlehre...
...Arila Siegerts...Bemühungen um Dore Hoyers Tanzzyklus Afectos humanos, für die Siegert den Deutschen Kritikerpreis für Tanz erhalten hat... - ganz einfach, ganz klar und sehr nah scheinen die Vorgänge noch bei Dore Hoyer...: Welche Bewegung löst welches Gefühl aus und wie setzt sich das Gefühl wiederum in körperliche Bewegung um? Eine Wechselwirkung, die so wie Arila Siegert die Afectos humanos tanzt, geradezu körperlich sichtbar wird...
...Umwerfender allerdings Arila Siegerts Mary-Wigman-Ehrung mit dem Hexentanz II - einer böswitzigen Hexen-Apotheose zu Schlagzeug-Soli, wie sie die Wigman favorisierte. Mit expressionistischen Bizarrerien aufgeheizt, schlug sich in Siegerts Wigman-Interpretation ein bis ins Sarkastische gesteigerter Ausdruckswille Bahn...
...ganz modern hingegen Arila Siegert in Wigmans Hexentanz II...
...gegen diese Konvention und das Korsett der akademischen Schule revoltierten in den Zwanzigern drei "starke Frauen", so Neumeier: Isadora Duncan, Mary Wigman und Martha Graham. Arila Siegert betonte in Wigmans Hexentanz II Ausdruck und Schwere des Körpers wie die Nähe zum Boden, Fanny Gaida in Grahams "Lamentation" die im klassischen Ballett verpönten Körperschwünge und skultpural gebrochenen Linien...
Die Berliner Tänzerin und
Choreographin Arila Siegert sieht den
Ausdruckstanz,
jenes Genre, dem sie sich solistisch seit den
80er-Jahren widmet, dem Verdacht der
"Gefühlsduselei" ausgesetzt. Im Kleinen
Haus des Oldenburgischen Staatstheaters gelingt
es ihr an diesem Abend eindrucksvoll, alle Vorurteile,
die dieser Kunstform gegenüber bestehen, auszuräumen.
Dabei dreht sich zunächst tatsächlich alles ums Gefühl.
Die Afectos Humanos eröffnen den
Abend, eine Choreografie von Dore Hoyer, die
zwischen 1933 und 1934 als Ballettmeisterin in Oldenburg
tätig war. Eitelkeit, Begierde, Hass, Angst und Liebe werden
tänzerisch skizziert. Jedem Gefühlszustand ist eine
zentrale Bewegung zugeordnet, die variiert und umspielt wird.
Alltagsgesten klingen an und machen den Bedeutungsgehalt
erkennbar. Zu offensichtlich werden die Bewegungsabläufe
jedoch nie. So bleibt eine eigentümliche Spannung erhalten,
die Freiräume für eigene Gedanken lässt. Im Zusammenspiel
mit der stark reduzierten Musik von Dimitri Wiatowitsch kommt
es immer wieder zu rituell anmutenden Momenten. Ausgehend von
der auf Zehenspitzen daherkommenden "Eitelkeit"
nähert sich die Choreografie immer weiter dem Boden. Doch
auf die niederdrückende "Angst" folgt
"Liebe" mit einem versöhnlichen Schlusspunkt - ein
Tanz, der trotz der zunächst klischeehaft anmutenden
rötlichen Beleuchtung berührt, ohne kitschig zu werden.
Kurt Schwitters' Ursonate
bringt einen völligen Stimmungswechsel mit sich. Arila
Siegert hat sich selbst eine großartige Umsetzung des
verschrobenen Lautgedichts auf den Leib geschrieben.
Ausgehend von einer am Pult gehaltenen Rede, entwickelt sie
ein tänzerisches Possenspiel am Rande zur Pantomime. Immer
wieder findet sie neue Wege, das Rednerpult zum Ausgangspunkt
für groteske Bilder zu machen. Mal legt sie sich in die
Kiste hinein, wie in einen Sarg und agiert nur mit Armen und
Beinen, dann wieder nutzt sie das Requisit als Wippe und ruft
Assoziationen zu einem Kinderzimmer wach. Doch
bei aller Ausgelassenheit bleibt die
tänzerische Präzision stets erhalten. Was zunächst
abwegig anmutete, führt so zu einem
begeisternden und außergewöhnlichen Tanzabend.
...Arila Siegert...zog mit den
Afectos humanos das Publikum im Weimare E-Werk
in ihren Bann. Unmittelbarer kann Ausdruckstanz kaum sein:
Körpersprache, künstlerisch überformt, aber intensiv wie
der Affekt selbst. Es ist, als sei der
Zyklus Arila Siegert auf den Leib geschrieben. Sie lebt die Afectos...
Sich selbst auf den Leib geschrieben hat Arila Siegert die Choreografie zu Kurt
Schwitters Ursonate.
Pantomimisch dozierend setzt sie die Nonsens-Silben in Körpersprache um. Ein
seriöses Katheder wird ihr zum Klettergerüst, zur Schaukel.
Ihre Gestik und und die Mimik unterm Maulkorb übersteigern
sich ins Groteske, Clowneske. So wie Schwitters die Bedeutung des Gesprochenen und
Geschriebenen zerpflückt, nimmt Siegert die Bedeutung der
Körpersprache auseinander. Der Effekt ist
herausfordernd komisch und trägt ihr Jubel ein...
Die Tänzerin und Choreographin Arila Siegert hat in Dresden unverwischbare Spuren hinterlassen. Fast zehn Jahre ist es her, dass sie der Stadt den Rücken kehrte, um in Dessau, Berlin, Salzburg ihren Weg fortzusetzen. Sie betreibt seit Jahren eine rege "Wiederbelebung" ihrer Vorbilder Mary Wigman, Gret Palucca und Dore Hoyer, indem sie deren Arbeiten rekonstruiert und tanzt. Ihre Bedeutung für die moderne Tanzkunst kam in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung deutlich zum Ausdruck - die "vielleicht letzte Ausdruckstänzerin überhaupt" wurde dort Arila Siegert genannt. In dem relativ bescheidenen Rahmen des TANZherbst-Festivals gastierte sie nun mit einem zweiteiligen Soloprogramm. Die Freude des Dresdner Publikums war groß - zu groß für die kleine szene, so dass etliche Interessierte draußen bleiben mussten.
Wer im überfüllten Saal saß, konnte sich - ob zum ersten oder zum wiederholten Male - von der Klasse dieser Künstlerin überzeugen. Arila Siegert eröffnete den Abend mit Afectos Humanos, der rekonstruierten Choreographie von der Ausdruckstänzerin Dore Hoyer (1911- 1967) aus dem Jahre 1962, die Musik stammt von Dimitri Wiatowitsch. Es ist eine tänzerische Skizze von Eitelkeit, Begierde, Hass, Angst und Liebe. Ein beherrschtes Ritual der Gefühle vor weißer Leinwand, vom Licht ins Rötliche getaucht. Im Kontrast zu den scheinbar schweren, "seriösen" Stoffen der Kostüme führen die Hände ein emotionales Eigenleben - ausgebreitet flattern sie erregt zu dem "eitel" gespannten Körper, krümmen sich vor Hass oder streben in Liebe zueinander. Auf Zehenspitzen kommt die Eitelkeit daher. Hass, Begierde, Angst führen den Körper dem Boden näher, bis die Liebe auf die Knien gezwungen scheint und doch in schlängelnden Gesten keimen kann. Eine beeindruckende Tanzfolge, die dem Zuschauer keine Inhalte diktiert, nur andeutet und viel Freiräume für die eigene Phantasie lässt.
Große Kehrtwendung zum Dadaismus machte Arila Siegert im zweiten Teil des
Abends mit Ursonate. Kurt Schwitters Ursonate (eigentlich:
"Sonate in Urlauten") ist ein Lautgedicht mit Schöpfungen wie "rakete
rinnzekete bee bö grimm glimm gnimm bimbimm". 1932 entstand eine von
Schwitters selbst aufgenommene Tonfassung, auf der man den Schöpfer knarren,
pfeifen, zischen und trillern hören kann. Arila Siegert verkörpert in ihrer
Choreographie dieses Urlaut-Gewitter, das Eberhard Blum aufs Band sprach. Im
schlichten Kleidchen, mit Mundschutz und knallrotem Mund steht die Tänzerin
an einem kathederähnlichen Gestell und gestikuliert, als würde sie eine Rede
halten. Dann dreht sie und wendet die Kiste, benutzt sie als Versteck,
Leiter, Sarg oder Wippe. Die sinnlos scheinende Lautfolge assoziiert
plötzlich eine Menge: Machtpose, Verführung, Kind, Tod, Angst. Und das Ganze
als ausdruckskräftiges, präzises Tanzextrakt voller Komik und Ironie. Auch
Schwitters wäre sicherlich von dieser überwältigenden "Bebilderung" seiner
Urlaut-Sonate begeistert.
Langer Beifall für diese glanzvolle, wenn auch nur kurze,
Rückkehr der vielleicht letzten Ausdruckstänzerin.
***
Nun hat es sich zu einem der kleineren Festivals in Dresden gemausert, das den Namen auch verdient. Mit bislang vier Jahrgängen, dem sich langsam formenden Konzept zu choreografierenden Frauen und insgesamt mehr Qualitäten beweist der Dresdner Tanzherbst deutlich Lebenswillen. Und findet vor allem auch Publikum. Das belegt die Ausgabe 2001: Alle fünf Aufführungen in der Kleinen Szene waren bestens besucht, werden auf Grund der Nachfrage teils sogar kurzfristig erneut in diesem Hause aufgeführt...
Erfolgreiche Heimkehr für Arila Siegert
...Den Zyklus Afectos humanos, eine
Rekonstruktion nach Dore Hoyer, hatte Arila Siegert bereits 1989 aufgeführt,
in Dresden zuletzt 1993. Zum "Tanzherbst" gab es die Reprise. Gefühle zwei
Mal als anrührende wie deutliche Bewegungsstudien. Angst kommt gramgebeugt,
flüchtet, gibt sich preis. Liebe ist Zwiesprache der Hände, sanftes Wiegen,
Pirouette im Licht. Die ersten drei Szenen führte sie schneidig vor, doch
nervös. Ihr Tanz kam von den Zehenspitzen runter bis zum wütenden Trampeln.
Er war hier die halbe Sicherheit, die karge Musik des Dimitri Wiatowitsch
zu
lesen, kaum Alphabet alltäglicher Gesten. Vermutlich liegt das an der
pathetischen Vorlage, und Eitelkeit hat immer Begierde und Begierde Hass in
sich...
Kurt Schwitters Ursonate war dagegen
ein Possenspiel zum Kichern und ein
begeistert gefeiertes Glanzlicht. Aus der burlesken Lautdichtung las die
Tänzerin und Choreografin Rhythmen heraus und sämtliche Gesten von Rednern
inklusive der falschen, sie selbst kam mit Mundschutz und sprach mit Armen
und Beinen: "Fümms bö wö tää zää Uu." Das Rednerpult trug sie zum Publikum
und zurück. Es wurde ihr zu Bett, zum Sarg, zur Wiege, zum Schiff, zur Bar,
dazwischen zeigte sie präzise und archaisch anmutende Figuren.
Es schien, als wollte Arila Siegert den gesamten Vorrat der Tanzsprache persiflieren,
aber es war auch ein Fest. Den schmerzlich bewegten Schluss, ein rückwärts
aufgesagtes Abc, führte sie aggressiver vor als von Schwitters einst
aufgeschrieben.
...So präsentierte die Bauhaus-Bühne ... Auszüge aus ihrem Tanz-Theater-Repertoire: Arila Siegerts szenische Umsetzungen von Kurt Schwitters Franz Müllers Drahtfrühling und des Rondos aus seiner Ursonate machten mit der Hatz auf den Außenseiter und der Darstellung des Volksredners in dadaistischer Verfremdung auf packende Weise zwei gesellschaftliche Phänomene sichtbar, die die Realität der Zwanziger Jahre sichtlich prägten - in der Darstellung komisch und bedrohlich zugleich...
...Den überzeugendsten Beitrag des 70minütigen Programms bot Arila Siegert mit ihrer Soloversion Ursonate nach Kurt Schwitters. Vor blau grundiertem Spalt im schwarzen Samtvorhang steht hinter einem Rednerpult eine weiße Gestalt mit Mundschutz und grellrotem Mund. Wild gestikuliert sie, sucht mit großer körperlicher Eloquenz das Auditorium von etwas zu überzeugen. Schwitters' semantisch sinnloses Lautgewitter, seine Buchstabensalven aus rollenden Konsonanten und gedehnten Vokalen treiben die Gestalt an. Das Katheder wird dabei von der Sprechbühne zu Kahn, Sarg und kargem Refugium. Arila Siegert als Demagoge, Verführer und Angsthase, ironisch, komisch, grotesk, zieht alle Register des ausdrucksmächtigen Solotanzes.